Nachdem wir einen schönen Kurzurlaub im Spätsommer 2013 im Allgäu (sehr zu empfehlen) gemacht haben, wurde uns klar, dass wir schon wieder an die technischen Grenzen kommen und das Tandem umgebaut werden muß.

1.) die Vordergabel ist für den schweren Tandembetrieb zu schwach dimensioniert und total verschlissen. Beim normalen Fahren hat sich die Gabel in sich so verdreht, dass die Scheibenbremse dauernd Quietsch-Geräusche von sich gab.

2.) auf der Ebene ist man mit einem Tandem sehr schnell. Am Berg ist es aber fast doppelt so anstrengend als mit einem Einzelrad. Nach einer Tagestour mit ein bisschen Auf-und-Ab sind wir immer total geschafft. Fahren wir dieselbe Strecke mit Einzelrädern, sind wir verblüfft, wie leicht man die Berge hochkommt. Nach dem Allgäu-Tandem-Urlaub, in dem wir gefühlt die einzigen waren, die keinen Elektromotor in ihrem Fahrrad haben, war der Entschluss ganz klar, dass ein Elektromotor die Lösung für uns ist.

 

Im Winter 2013 wurde das Tandem dann total umgebaut:

 

Es gibt nur wenige für den Tandem-Betrieb freigebene Federgabeln. Bezahlbare gibt es gar keine. Daher haben wir vom anspruchsvollen Dirt-Jump Bereich eine wenig benutzte Gabel von Suntour (Suntour Duro DJ E mit verstärktem Schaft) eingebaut. Der Unterschied ist deutlich: das Rad wird eindeutiger geführt. Es gibt nur noch geringe/gar keine Verwindungen. Das merkt man vorallem an der Scheibenbremse, die endlich keine quälenden Quietsch-Geräusche mehr von sich gibt. Die Gabel ist eine Wohltat. Im Augenblick ist noch die Standard-Feder eingebaut, die mit dem Gewicht überfordert ist und daher schon beim Aufsteigen auf das Tandem ca. 5 cm vom 10cm-Federweg einbüßt. Sobald die verstärkte Feder wieder auf dem Markt verfügbar ist, wird die Gabel aufgerüstet.

 

 

 

Die Federgabel ist weiß. Damit das Weiß sich im Tandem nochmals wiederfindet, haben wir Aufkleber mit dem Namen "Moretti" fertigen lassen. Moretti hat in Italien in den 60/70er Jahren auf Fiat-Basis kleine, sehr schöne Sportwagen gebaut. Diesen Namen hatte ich als Jugendlicher in den von mir intensiv verschlungenen Autozeitschriften gelesen und war damals wie heute vom Wohlklang dieses Namen begeistert.

 

Das Herzstück des Umbaus ist der Elektroantrieb. Hier gibt es sehr viele Systeme (Vorder- oder Hinterantrieb; Direkt- oder Getriebemotor; mit Schraub- oder Kassettenkranz). Nach langer Recherche haben wir uns für den gerade auf den Markt gekommenen Bafang 500W Getriebemotor mit Kassettenaufnahme entschieden. Das Besondere ist die Kassettenaufnahme, durch die man die Shimano-Schalt-Kassetten weiter verwenden kann. Das klingt nicht besonders erwähnenswert, erfordert aber einen relativ hohen konstruktiven Aufwand in Lagerung der Kassettenaufnahme.

Allein die präzise Lagerung der Kassette hat eine deutliche Verbesserung der Schaltpräzision gebracht. In den letzten Jahren (mit der alten Nabe) habe ich etliche Bücher über das Einstellen der Shimano-Schaltung gelesen und es immer wieder versucht (sogar ein Freund von mir). Die Schaltpräzision war immer ein Katastrophe und hat zu manchem Wutausbruch am Berg geführt. Mit der Nabe vom Bafang-Motor (und der alten Kassette und Kette) ist alles perfekt. Dadurch dass die alte Nabe unpräsize gelagert war, hat die Kassette geeiert und teilweise selbstständig geschaltet.

Da wir den Motor nicht für die Unterstützung auf der Ebene sondern am Berg benötigen, sollte ein Motor eingebaut werden, der eine "Berg-Wicklung" aufweist. Hierbei wird ein dünnerer Draht als beim normal gewickelten Motor verwendet. Der dünnere Draht kann enger gewickelt werden und baut daher ein größeres Magnetfeld auf und damit ein höheren Drehmoment. Das erkauft man sich mit höherem Innenwiderstand, so daß der Motor etwas geringere Umdrehungszahlen schafft. Aber der Motor sollte uns ja nur bis 25km/h unterstützen.

Den Umbau haben wir nach langem Abwägen beim Hersteller des Tandems (Specialbikes in Gmunden/Österreich; Herr Kranawetter) aufgrund seiner Erfahrungen machen lassen. Bestellt wurde ein Umbau mit 500W "Berg-"Getriebemotor und relativ großem Akku (Samsung 37V und 13,5 Ah). Zudem wurde vereinbart, dass alles vorbereitet wird (bereits eingespeichter Motor), so daß wir nach 4 Stunden wieder zurückfahren können (es sind immerhin 1.000km hin- und zurück).

Vor-Ort sah alles anders aus:

- aus schriftlich vereinbartem 500W wird nur noch ein 250W-Motor
- aus schriftlich vereinbarter Berg-Wicklung wird eine Standard-Wicklung
- aus schriftlich vereinbartem großen Akku wird nur noch ein kleiner Standard-Akku

zu allem Überfluß war auch nichts vorbereitet, so daß wir von 08:00 Uhr bis 17:00 Uhr auf unseren Umbau warten mußten.

Dafür war der Umbau aber von guter Qualität.

Man hat sich geeinigt, dass dieser Motor und Akku für den Einsatzzweck nicht geeignet ist und das im Frühjahr 2014 der gewünschte Motor und Akku im Austausch zugesendet wird.

In der Praxis hat sich dann auch rausgestellt, dass der Motor tatsächlich am Berg zu schwach ist und auf der Ebene zu schnell läuft.

Im Frühjahr 2014 hat Herr Kranawetter es bisher nicht geschafft auf Emails zu antworten. Am Telefon entschuldigt er sich, dass er aufgrund des grandiosen Wetters enorm viel zu tun hat und wir uns bis auf unbestimmte Zeit gedulden sollen, wir haben schließlich ja einen Elektromotor.